Text: Goethegesellschaft München
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Kleine Geschichte der Goethe-Gesellschaft München

Als Walther von Goethe, der letzte Enkel des Dichters 1885 starb, war das Goethe-Gedenken eine nationale Aufgabe geworden: Goethes Wohnhaus am Frauenplan wurde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, die erste Gesamtausgabe von Goethes Werken begonnen (die bis heute klassische "Weimarer Ausgabe") und die "Goethe-Gesellschaft in Weimar e. V." gegründet.

München war in prominenter Weise dabei. Denn unter den Gründungsmitgliedern waren 20 Goethe-Verehrer aus München; und schon 1886 erklärten die Hoheiten des bayrischen Königshauses ihren Beitritt. Außerdem hatte München bereits 1886 einen eigenen Kassierer, der die Mitgliedsbeiträge nach Weimar überwies. Und nicht zuletzt fungierte der spätere Nobelpreisträger Paul Heyse aus München als einer der zehn Vizepräsidenten in Weimar.

Noch während des Ersten Weltkriegs gründeten Münchner Goethefreunde am 21. November 1917 die "Goethe-Gesellschaft München e.V." als erste Ortsvereinigung der Weimarer Goethe-Gesellschaft. Das Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft von 1918 meldete:

"In München ist am 21. November 1917 eine Ortsgruppe gegründet worden, die 110 Mitglieder zählt."

Zum ersten Vorsitzenden wurde der Mediävist und Volkskundler Prof. Dr. Friedrich von der Leyen gewählt, der dieses Amt bis zu seiner Berufung nach Köln 1920 innehatte.

In unruhigen Zeiten bemühte sich die Goethe-Gesellschaft München, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen auf die Beine zu stellen. So sprach am 27. Dezember 1918 Freiherr von Gleichen Rußwurm, letzter Nachkomme Schillers und Ehrenmitglied der Weimarer Goethe-Gesellschaft, über die Bedeutung Weimars "für unsere Zeit" - wenige Wochen bevor die Nationalversammlung der ersten deutschen Republik im Weimarer Stadttheater eröffnet wurde.

Die Geschichte der Münchner Goethe-Gesellschaft ist noch nicht erforscht. Auf der einen Seite verzeichnet die Chronik gut besuchte Veranstaltungen wie 1920 den Vortrag des damals heftig umstrittenen Kunsthistorikers Wilhelm Worringer über das Ende des Expressionismus, ein reges Vereinsleben und Vorträge bedeutender Persönlichkeiten wie Hugo von Hofmannsthal, Stefan Zweig, Hans Carossa oder Thomas Mann. Andererseits berichtet das Weimarer Goethe-Jahrbuch 1922:

Die Tätigkeit der Münchner Ortsgruppe war im letzten Jahre durch finanzielle Schwierigkeiten stark beeinträchtigt, da dieselbe noch keine Ortsgruppenbeiträge erhoben hatte. [...] Die Unternehmungen des letzten Winters beschränkten sich auf einen einzigen mit der Kant-Gesellschaft gemeinsam veranstalteten Abend.

Auf dem Höhepunkt der Inflation Ende 1923 belief sich übrigens die Bilanzsumme der Goethe-Gesellschaft auf mehr als 365 Billionen Reichsmark. Die Ortvereinigung München erhob nun selbst Beiträge und setzte im 10. Jahr ihres Bestehens weitere Akzente. Der neue 1. Vorsitzende Privatdozent Dr. Heinrich Borcherdt, schmückte die Geburtstagsfeier mit einer Grundsatzrede unter dem Motto "Pflege einer edlen Geistigkeit" .Der Ort der Veranstaltung, der Spiegelsaal des Bayerischen Hofs, sollte auch künftige Vorträge auf eine "höhere Stufe" heben; herausragende Sondervorträge fanden sogar im Audimax der Universität vor einem noch größeren Publikum statt.

Im gleichen Jahr 1927 vermeldet das Goethe-Jahrbuch merkwürdigerweise, daß

"die Münchener Ortsgruppe nicht wohl mehr als solche geführt werden kann, da ihrer eigenen Mitteilung zufolge nur ein kleiner Bruchteil ihrer 350 Mitglieder unserer Gesellschaft angehört."

Über die Hintergründe solcher Aussagen kann man gegenwärtig nur spekulieren. Vielleicht war hier derselbe Zeitgeist im Spiel wie in einem Artikel des Völkischen Beobachters vom 17. September 1927 über die "verjudete Goethe-Gesellschaft", weil dort mehrere jüdische Dozenten Vorträge gehalten hatten. Der Antrag des (noch einzigen) nationalsozialistischen Stadtrats Fiehler, der Münchner Goethe-Gesellschaft die zugesagten 500 Reichsmark zu streichen, wurde jedoch von allen anderen Stadträten abgelehnt.

Im Goethe-Gedenkjahr 1932 gab es nicht nur unzählige Veranstaltungen, sondern auch eine viel beachtete Ausstellung zusammen mit dem Verein "Ausstellungspark". Mehr als 23 000 Besucher wurden gezählt. Als Thomas Mann am 10. Februar 1933 im Audimax der Universität seinen Vortrag Leiden und Größe Richard Wagners hielt, tat er dies auf Einladung der Münchner Goethe-Gesellschaft. Die nationalistischen Anfeindungen und schließlich die Vertreibung aus Deutschland hätte Thomas Mann vielleicht vorausahnen können. Denn schon 1929 war es rechtskonservativen Kreisen gelungen, die Wahl des Literatur-Nobelpreisträgers in den Vorstand der Weimarer Goethe-Gesellschaft zu hintertreiben.

Die Geschichte der Goethe-Gesellschaft München während des Dritten Reichs ist eine Zeit der schwarzen Löcher; Unterlagen gingen in den Kriegswirren verloren. Nach dem Kriegsende versammelte Dr. Zeno Diemer die verstreute Goethegemeinde. Nach seinem Tode folgte ihm Dr. Helmut Müller-Osten, dann 1985 der Regisseur Gerd Udo Feller. 1987 übernahm Prof. Dr. Peter Tschammler die Münchner Ortsvereinigung. 1992 wählten wir Prof. Dr. Peter Sachtleben zum 1. Vorsitzenden, der allzu früh 1995 verstarb. Dass die Goethe-Gesellschaft nicht in der Versenkung verschwand, verdanken wir Herrn Prof. Dr. Walter Müller-Seidel, der die Geschicke 1995 in seine Hände nahm und sie bis zur Rückkehr unseres vormaligen Vorsitzenden, Prof. Dr. Günter Häntzschel, 1998 lenkte. 2007 übergab er die Leitung an Prof. Dr. Rolf Selbmann. 2017 konnte die Goethe-Gesellschaft München ihren 100. Geburtstag mit einem Festakt, zahlreichen zusätzlichen Veranstaltungen und einem Band 'Kleine Geschichte der Goethe-Gesellschaft München' feiern.

Seit 20 Jahren ordnen sich die jeweils acht Vorträge eines Jahres - von September bis Mai - einem gemeinsamen Themenschwerpunkt unter (vgl. Archiv).

 

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Mitgliedschaft

Wer Mitglied in der Goethe-Gesellschaft Ortsvereinigung München werden will, wende sich bitte an die Geschäftsstelle. Ab 2011 beträgt der Jahresbeitrag (steuerlich absetzbar) 40,00€, für Ehepaare 50,00€, für Rentner und Mitglieder der Goethe-Gesellschaft Weimar 30,00€, für Schüler und Studenten 10,00€.

Einzugsermächtigung ist er- wünscht. Bankverbindung: Konto- Nr. 29195906, Stadtsparkasse München (BLZ 701 500 00)

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Satzung

Unsere Satzung können Sie einsehen und herunterladen.

 

Vorstand:

Prof. Dr. Frieder v. Ammon
(1. Vorsitzender)

Dr. Johannes John
(2. Vorsitzender)

Johannes Kippenberg
(Schatzmeister)

Dr. Michael Ewert

Brigitte Hohmann M. A.

Slava Gärtner
(Mitgliederverwaltung)

 

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